Eine zum Zufluss von Arbeitslohn führende verdeckte Einlage kann nur gegeben sein, soweit der Steuerpflichtige nach Entstehung seines Gehaltsanspruchs aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf diese verzichtet, da in diesem Fall eine Gehaltsverbindlichkeit in eine Bilanz hätte eingestellt werden müssen. Verzichtet der Steuerpflichtige dagegen bereits vor Entstehung seines Gehaltsanspruchs auf diesen, wird er unentgeltlich tätig und es kommt nicht zum fiktiven Zufluss von Arbeitslohn ( BFH, Urteil vom 15.06.2016 – VI R 6/13; veröffentlicht am 31.08.2016).
Hintergrund: Der Zeitpunkt des Zuflusses von Arbeitslohn richtet sich nach § 11 Abs. 1 EStG. Danach fließen Einnahmen grds. (erst) mit Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu. Ein Zufluss kann grds. nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind.
Sachverhalt: Die Kläger wurden für das Streitjahr (1999) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war mit 35 % an einer GmbH beteiligt und deren alleiniger Geschäftsführer. Ausweislich seines Arbeitsvertrags hatte er Anspruch auf Reisekostenerstattungen. In der Einkommensteuererklärung erklärte er einen Bruttoarbeitslohn i. H. v. 89.227 DM sowie Werbungskosten (Reisekosten) i. H. v. 20.285 DM. Dagegen wies die beigefügte Lohnsteuerkarte einen Bruttoarbeitslohn i. H v. 136.556,73 DM aus. Der Kläger erläuterte dies damit, sein Arbeitgeber sei in finanzielle Schwierigkeiten geraten und er habe in vier Monaten auf den Lohn verzichtet. Dazu legte er die Kopie einer zwischen der GmbH und ihm getroffenen Vereinbarung aus 1997 vor, wonach der Kläger während eines Liquiditätsengpasses auf sein Gehalt verzichten könne. Das Finanzamt legte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr den auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn zu Grunde. Die Vereinbarung enthaltekeinen im Voraus ausgesprochenen konkreten Gehaltsverzicht. Der Gehaltsanspruch sei mit Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung entstanden, so dass der Verzicht als Gehaltsverwendung zu beurteilen sei.
Hierzu führten die Richter weiter aus:
- Das Verfahren ist an das FG zurückzuverweisen.
- Unstreitig sind die dem Kläger zustehenden Geschäftsführergehälter für die vier Monate nicht ausgezahlt worden.
- Das FG hat zu Unrecht das Vorliegen einer verdeckten Einlage verneint, ohne Einzelheiten zu dem „Verzicht“ des Klägers auf die Auszahlung der einzelnen Monatsgehälter festzustellen.
- Es kommt maßgeblich darauf an, ob der Kläger bereits jeweils vor Entstehung oder erst im Nachhinein auf den einzelnen Gehaltsanspruch verzichtet hat. Zu den Zeitpunkten des (jeweiligen) Gehaltsverzichts hat sich der Kläger jedoch bislang nicht eingelassen.
- Den Werbungskostenabzug hat das FG zu Recht bejaht. Nach den Feststellungen des Finanzamts wurden die dem Kläger entstandenen Reisekosten bereits seit Jahren einvernehmlich nicht mehr von der GmbH erstattet.
Quelle: BFH, Urteil vom 15.06.2016 – VI R 6/13